Marvel Boy gehorcht eiskalt
HAUPTWIL. Matthias Gehring ist ein passionierter Tüftler. Zuletzt hat er mit Computerfachleuten einen KI Roboter entwickelt, der Kunden mit Glace bedient. Hauptberuflich bleibt Gehring Gemeindepräsident von Hauptwil-Gottshaus.
Es ist nicht zu übersehen: Matthias Gehring mag ihn. Liebevoll nennt er den ersten vollautomatischen Softeis-Roboter, der auf Tastendruck die gewünschte Glace mit sämtlichen Zutaten zusammenstellt, Marvel Boy. Der Name ist nicht zufällig eine Anspielung auf das Marvel-Universum, das weltberühmte Comicfiguren hervorgebracht hat. Und Gehrings Kreatur vollbringt so Unglaubliches, dass sie zu Recht in einem Atemzug mit Hulk und Spiderman genannt werden darf.
Zum Tagblatt Artikel 03.10.2015
Eine spannende Erfahrung
Gehring hat Wirtschaftsinformatik studiert und vor seiner Wahl zum Gemeindeoberhaupt von Hauptwil-Gottshaus ein Modellbaugeschäft geführt. «Ich bin an technischen Dingen nach wie vor sehr interessiert und habe eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung gesucht», antwortet Gehring auf die Frage, weshalb er überhaupt auf die Idee gekommen sei, einen derartigen Roboter zu bauen. «Marvel Boy war ein Projekt, bei dem ich mich verwirklichen konnte. Zu sehen, wie man scheinbar unlösbare Probleme doch lösen kann, war eine spannende Erfahrung.»
Was der Roboter alles kann
Gehring räumt ein, dass ihm der Geniestreich nicht alleine geglückt sei. Damit ist man beim zweiten bemerkenswerten Umstand. Gehring arbeitete bei der Entwicklung des Roboters nämlich mit chinesischen Computerfachleuten zusammen.
An einer Messe in Peking hatte Gehring im Jahr 2012 eine vergleichbare Konstruktion entdeckt und sich überlegt, ob sich eine kleinere, in der Schweiz zugelassene Variante wohl realisieren liesse. «Da ich nicht immer vor Ort sein konnte, war die Kommunikation manchmal recht schwierig», erklärt der Daniel Düsentrieb unter den Thurgauer Gemeindepräsidenten.
Mit dem Stolz des erfolgreichen Erfinders erzählt Gehring, dass Marvel Boy nicht einfach ein Automat sei. Vielmehr handle es sich um einen Roboter, der alle Arbeitsgänge von der Zusammenstellung bis zur Ausgabe der Glace selber vornimmt. «Und das erst noch tanzend, im Takt zu einem Song», wie Gehring betont. In der Tat ist erstaunlich, wozu Marvel Boy imstande ist. Kunden können zwischen zwei Sorten Softeis und drei Saucen aussuchen; sie können auch wählen, ob sie die Glace in einem Becher oder in einer Waffel (Cornet) offeriert haben wollen und ob das erfrischende Produkt mit Smarties oder mit M & M’s garniert werden soll. Bezahlen kann man mit Banknoten oder mit Münzen.
Knacknuss für Programmierer
Zwei Jahre habe die Entwicklung des Roboters gedauert, sagt Gehring. Als grösste Herausforderung bezeichnet der Technik-Fan die Schnittstellen. Es sei eine komplexe Sache gewesen, die erforderlichen Komponenten richtig auszuwählen und zusammenzubringen. Allein die Programmierung eines Liedes habe zwei Wochen in Anspruch genommen. Die Bestandteile des Roboters stammen laut Gehring aus aller Herren Länder: die Softeis-Maschine aus den USA, die mechanischen Teile aus China und das Münz- und Notenprüfsystem aus der Schweiz.
Erfolgreicher erster Einsatz
Vorerst existiert nur ein Prototyp. Wer dereinst einen Marvel Boy anschaffen will, wird tief in die Tasche greifen und gemäss Gehrings Schätzung rund 150 000 Franken auf den Tisch blättern müssen. Seine Premiere hatte Marvel Boy im Gossauer Walter-Zoo. «Die bisherigen Erfahrungen sind positiv», freut sich Gehring. Vor allem Kinder hätten grossen Spass mit dem tanzenden Roboter. Man müsse nun abwarten, wie der Markt reagiert. Denkbar sei es, Marvel Boy zu vermieten. «Es wird sicher eine Weiterentwicklung geben», kündigt Gehring an.